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Leseprobe    Die verlorenen Kinder/ Copyright Michael Seitz im Knaur Verlag*

 

rolog

Wien, September 1969

 

 

Mama, wo bist du?

Wann kommst du …

 

 

 

Die Männer schleichen sich in die Schlafsäle zu uns herein. Bleib liegen! Die Mädchen, die sich auf der Toilette verstecken, kommen als Erstes dran und dann – dann müssen sie in den Keller. Der Frater Benni sagt: „Sternenkinder tragen sowieso keine Unterwäsch´!“ Die Nähte hinterlassen zwetschgenblaue Flecken, die auch schon für die Tanten von der Fürsorge verdächtig ausgesehen haben. Wenn man betet, dann gehen die Flecken weg, und auch alles andere, genau wie die schwarze Luft am Morgen wieder weiß wird und durchsichtig, wenn die Männer sich in Luft auflösen. Und wenn du lange genug ein braves Kind bist, darfst du an Weihnachten nach Hause. Vielleicht für immer, Herrgott. Vielleicht, Herrgott. Für immer vielleicht. Immer. Herrgott. Benni und die Tante Frieda und die Tante Ursel werden den Frommen Frauen nicht petzen, was du mit dem Onkel getan hast. Wenn du nicht artig bist, sagen sie den Fräulein, dass du die Onkel vor dem Fenster auf der Wiese berührt hast. Ich habe die Schlange gesehen. Die schwarze Luft ist überall gewesen. Ich habe die Schlange angefasst und dann ... Mama, wo bist du? Wann kommst du ...

„Halt still, kleine Fotze!“

Du willst es doch auch, hat der Benni gesagt.

Die Tante Frieda und die Tante Ursel werden die Zöpfe in Ordnung bringen, wenn alles wieder vorbei ist. Du wirst aussehen wie ein frommes Kind. Der Herrgott liebt dich, sagt der Frater Benni. Wenn du brav bist, wird Er dich schützen. Und du kriegst einen Schmalzkrapfen.

Dann musst du nie mehr auf die Wiese.

Und die Schlange wird dich nie mehr beißen. Und ihr Gift in dich verspritzen.

Amen.

 

 

 

 

 

 

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© Michael Seitz